Sonntag, 1. März 2009

Achtung, Wichtigtuer!

Es gibt Menschen, die sind so furchtbar wichtig, dass Worte versagen müssen wenn es darum geht zu beschreiben, wie wichtig sie sind! Ich versuche es trotzdem: Man findet sie in allen Bereichen des Lebens und sie sind wirklich überall und allzeit zur Stelle. Selbst völlig verloren in der Öde und Kälte des ewigen Polareises oder verdurstend in der einsamen Leere der Sahara findet sich zu passender Gelegenheit irgendein alles besser wissender Wichtigtuer, der einen kurz vor dem Exitus mit mahnendem Zeigefinger von oben herab darüber belehrt, dass man eben noch ein extra Paar Wintersocken oder Getränke hätte mitnehmen müssen! Es ist eine Gesetzmäßigkeit, sie sind überall! Es sind im Besonderen drei unangenehme Eigenschaften, die typische Wichtigtuer ausmachen und eine davon ist, dass sie immer zu wissen glauben, wohin die Reise geht. So verstehen sie es vortrefflich, ihre Umwelt ungefragt mit der eigenen Meinung zu belästigen und beanspruchen ganz selbstverständlich die Meinungsführerschaft bei dem, was richtig und was falsch ist. Professionelle Wichtigtuer verstehen es als Potenzierung dieser Eigenschaft sogar, ihre Meinung, die als reine "Meinungsäußerung" eben auch so beliebig ist, wie die Meinung von anderen, zur Doktrin und Weltanschauung aufzublähen. Denn während verschiedene Meinungen nebeneinander - wenn auch nicht immer konfliktfrei - koexistieren, duldet die Weltanschauung nichts neben sich und so wird der Besserwisser zum Meister der Heuristik wenn es gilt, neben etwas vorhandenem sein neues Weltbild zu setzen und das alte zu verdrängen. Wichtigtuer wissen aber nicht nur mehr als alle anderen, nein, sie können infolgedessen natürlich auch mehr! Wenn nicht sogar alles! Dieses, die menschliche Vorstellungskraft sprengende, geballte Können, welches aber leider nur in der imaginären Phantastenwelt des Wichtigtuers vorhanden ist, zeigt sich besonders deutlich im Berufsleben. Hier ist der Wichtigtuer in seinem Element, hier ist seine Bühne, wo er dem schier endlosen Heer von Dummköpfen und Nichtskönnern um ihn herum feixend den Spiegel der Inkompetenz vorhält und leider nie auf die für ihn abwegige Idee kommt, einmal selbst hineinzusehen. In einem Unternehmen ist er gemeinhin das, was der Zahnstein für den Zahn ist: nur schwer zu entfernen, parasitär und ohne wirklichen Nutzen. Er ist der Geisterfahrer, der nach der Radiomeldung, dass ein Geisterfahrer unterwegs ist, entsetzt ausruft: „Einer? Hunderte!“. Und weil der Wichtigtuer so viel kann, die anderen aber nicht, liegt es ihm besonders am Herzen, den anderen, den "Nichtskönnern", genau auf die Finger zu schauen! Diese Überwachung findet aber selbstverständlich nur zur Qualitätssicherung und überhaupt zum Wohle aller statt! Diese Unternehmens-Gestapo kommt aber ohnehin zu nichts anderem mehr, weil es freilich all ihre Zeit und Energie kostet zu schauen, wer alles nicht arbeitet oder wahlweise zu dumm, zu faul, oder zu inkompetent dazu ist. Die dritte unangenehme Eigenschaft des Besserwissers ist seine Geltungssucht, denn er muss auch deshalb ständig triumphieren und alle Welt an seine gottgleiche Einzigartigkeit erinnern, weil er insgeheim nichts mehr fürchtet, als von anderen als das gesehen zu werden, was er ist: ein jämmerlicher Schwachkopf, eine Niete, eine Null! In rastloser Unruhe muss er deshalb zu jedem Thema etwas beitragen und sei es auch nur seine auf 32 Seiten ausgeführte Empfehlung zur Wahl des richtigen Toilettenpapiers in den Firmen-WCs. Auch ist es für ihn unverzeihlich und ein regelrechter Affront, wenn er zu einem Thema nicht befragt wird, schließlich ist er das allwissende Orakel und das Ideen-Katapult, welches jede Festungsmauer der Unkreativität und Leere im Nu in Trümmer schiesst und so der Garant für Erfolg und Gewinn im Unternehmen ist! Eine bemerkenswerte Tatsache, die seine Mitmenschen immer wieder mit vor Staunen geöffnetem Mund dastehen lässt, ist die völlig außer Kraft gesetzte Selbstwahrnehmung der Wichtigtuer. Es dämmert ihnen gar nicht auf, wie sehr man sie bereits bemitleidet und ihnen wünscht, dass sich in der endlosen Leere ihres Kopfes vielleicht wenigstens ein kleiner Vogel einen Brutplatz sucht und damit ihrem Dasein wieder etwas Sinnhaftigkeit verleiht, wenn sie wieder einmal an unpassender Stelle lautstark und mit grossem Bohei einfordern, ihre vor vermeintlicher Kompetenz nur so strotzende Urteilskraft als das Salz in der Suppe hinzuzufügen zu dürfen. Während der damalige regierende Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter, 1948 in seiner berühmten Rede den Massen zurief: "Völker dieser Welt, schaut auf diese Stadt", verlangen die Berufs-Wichtigtuer unentwegt, dass man permanent auf sie schauen möge - die Amerikaner brachten den Berlinern nach dem Hinsehen die Rosinenbomber, den Wichtigtuern scheissen hoffentlich ein paar Tauben auf den Kopf!

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